Die Epoche des Fürstbischofs Konrad von Thüngen (1519–1540). Wissenschaftliches Symposium der Gesellschaft für fränkische Geschichte in Zusammenarbeit mit dem Museum für Franken am 12. und 13. September 2019, herausgegeben von Dieter J. Weiß und Erich Schneider (= Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte. Reihe IX: Darstellungen aus der fränkischen Geschichte, Band 61)
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Renaissance, was genau verbirgt sich hinter dem Begriff, der sich nicht in erster Linie als eine zeitlich genau definierte Epoche versteht, sondern unterschiedliche Schlagworte – Humanismus, Reformation, Gegenreformation – zu einem vereinigt? Wie hat diese Erneuerung des antiken Geistes in Zeiten des Umbruchs vom Mittelalter zur Frühen Neuzeit in Franken stattgefunden, welche Auswirkungen hatte sie auf Kunst und Literatur? Diesen Fragen ist die neueste Publikation der renommierten Gesellschaft für fränkische Geschichte gewidmet.
Die Vorträge des Symposiums zu diesem „Spezialthema“, das die Bedeutung des Hauses Thüngen genauso ins Rampenlicht stellt wie die unterschiedlichen Ausformungen der Renaissance in Franken in Literatur, Architektur und lebenden Humanisten, sind in diesem Band zusammengefasst. Dabei repräsentiert Konrad von Thüngen, dessen Wahl zum Fürstbischof von Thüngen sich im Jahr 2019 zum 500. Mal jährte, stellvertretend mit seinem Handeln und seinen Werken die Vielfalt dieser Epoche.
Das Geschlecht derer von Thüngen
Den Anfang macht Dieter J. Weiß mit einer Abhandlung über Konrad von Thüngen – einen „Reichsfürsten der Renaissance“, der die Tugenden des Humanismus verkörperte: Gerechtigkeit, Bildung und Selbstbeherrschung. Es folgen Beiträge von Winfried Romberg und Ulrich Wagner über Konrad von Thüngen und seinen religionspolitischen Kurs für das Bistum Würzburg sowie sein strenges Gebahren während des Bauernkrieges. Der lange Weg der fränkischen Ritter und besonders der von Thüngen in den Reichsritterstand wird von Helmut Flachenecker dargestellt, der auch ihren Ruf als „Friedenswahrer“ und „Streitschlichter“ herausarbeitet. Ebenfalls mit dem fränkischen Ritteradel befasst sich Klaus Rupprecht, der den Schwerpunkt auf den Wandel der Herrschaftsausübung und des Selbstverständnisses als Zeichen eines Modernisierungsschubs interpretiert. Der Ritteradel des 16. Jahrhunderts musste sich von seinen Existenzängsten und Selbstzweifeln befreien, um als freie Reichsritter über eigene Landeshoheiten verfügen zu können.
Die Sonderstellung Frankens
Ein stetiger Kulturaustausch fand statt, der die Werte des Humanismus, die Formen der Renaissance und innovatives Wissen von Italien über die Alpen nach Franken brachte – insbesondere nach Nürnberg. Inwieweit die reformatorischen Bewegungen und der Humanismus die vielgestaltige Welt der spätmittelalterlichen Liturgien zugunsten von wortbasierten, schmucklosen Kirchen zerstört haben, diskutiert Volker Schier in seinem Beitrag. Stefan W. Römmelt sieht das Phänomen des Kulturtransfers als Leistung verschiedener Bevölkerungsgruppen: der Händler, Kleriker, Humanisten und Künstler, die sich in Nürnberg, Würzburg, Bamberg und Eichstätt als Träger materieller wie geistlicher Güter verdient gemacht haben. Neben Nürnberg hat auch eine andere fränkische Stadt eine tragende Rolle beim Wachsen der humanistischen Geistesströmung gespielt: Bamberg, die „üppig blühende königliche Stadt“. In seinem Beitrag stellt sich Martin Ott allerdings die Frage, wieviel Lokalpatriotismus und Wunschdenken hinter dieser Wertung steckt und welchen Beitrag die Stadt an der Regnitz tatsächlich geleistet hat. Ähnliche Fragen stellt Christoph Paulus über Ansbach, wo der gelehrte Schulmeister und Humanist Opsopoeus eine Abhandlung über die Kunst des gelehrten Trinkens – De arte bibendi libri tres – verfasste.
Handwerksmeister und Künstler in Zeiten des Umbruchs
Ein Beispiel dafür bildet Peter Dell der Ältere, ein fränkischer Bildhauer, den die Suche nach einem Auskommen zum Wanderer zwischen den Welten gemacht hat, wie Claudia Lichte anhand seiner Werke darstellt. Ein Elefantenstoßzahn, graviert und in Gold gefasst, verbindet das Bekenntnis zum katholischen Glauben im Zeitalter der Reformation mit einem Gründungsmythos für das Haus Thüngen, dem Andrea Huber nachgegangen ist. Ebenfalls um das Haus Thüngen, nämlich um den Renaissancesaal im Burgsinner Schloss zu Thüngen, das heute noch das Ortsbild prägt, dreht sich der Beitrag von Susanne Freifrau von Thüngen. Nicht mit Architektur, sondern mit Literatur beschäftigt sich Karl Borchardt. Er zieht einen Vergleich der Chroniken von Lorenz Fries und Paulus Papius und arbeitet daran die Bedeutung der Geschichtsschreibung für das humanistische Franken heraus.
Die Renaissance als kleiner Halt auf dem Weg von der Gotik in den Barock
Schließlich leitet Erich Schneider abschließend vom Einzelbeispiel zum Allgemeinen über mit seinem Vortrag über die Architektur der Renaissance in Mainfranken, die in der Vergangenheit eine etwas untergeordnete Rolle zwischen Gotik und Barock gespielt habe, was ihren wissenschaftlichen Forschungswert anbelangt. Die Zerstörungen durch die Bauernkriege erzwangen eine Art „Erneuerungsdruck“, der sich – unter dem Einfluss unterschiedlicher europäischer Strömungen – in Gebäuden manifestierte, die aber meist eine Art Übergangscharakter haben.
Fakten zusammentragen, Zusammenhänge entdecken, längst Vergessenes wieder an die Oberfläche bringen – genau so hat die Gesellschaft für fränkische Geschichte mit ihren Forschungsergebnissen aus unterschiedlichen Disziplinen die Renaissance in Franken beleuchtet.
„Renaissancen in Franken. Die Epoche des Fürstbischofs Konrad von Thüngen (1519-1540). Wissenschaftliches Symposium der Gesellschaft für fränkische Geschichte in Zusammenarbeit mit dem Museum für Franken am 12. und 13. September 2019“, herausgegeben von Dieter J. Weiß und Erich Schneider, ist als Band 61 der Reihe IX der Veröffentlichungen der Gesellschaft für fränkische Geschichte mit der ISBN 978-3-86652-961-8 als fadengehefteter Festeinband im Verlag PH.C.W. SCHMIDT erschienen. Der Ladenpreis beträgt 39,00 €.