Handel, Recht und Gericht in Mittelalter und Neuzeit. Die Reichsstadt Nürnberg im regionalen und europäischen Kontext, hg. von Anja Amend-Traut, Hans-Joachim Hecker und Hans-Georg Hermann (= Nürnberger Forschungen. Einzelarbeiten zur Nürnberger Geschichte, hg. vom Verein für Geschichte der Stadt Nürnberg, Band 32), Nürnberg 2021, ISBN 978-3-87191-343-3.
Forschungsergebnisse der Tagung 2018 zu Nürnberg „Handel, Recht und Gericht in Mittelalter und Neuzeit“
Auf knapp 180 Seiten und in sieben Beiträgen sind hier Forschungsergebnisse einer gleichnamigen Tagung versammelt, veranstaltet von der Gesellschaft für Bayerische Rechtsgeschichte und dem Arbeitskreis Handelsrechtsgeschichte im städtischen Bildungszentrum im Sommer 2018 in Zusammenarbeit mit dem stadtgeschichtlichen Verein und dem Stadtarchiv Nürnberg und der Deutschen Forschungsgemeinschaft.
Die Handelsgerichtsbarkeit in Nürnberg in Mittelalter und Neuzeit.
G. Seiderer beschreibt darin eingangs die Entwicklung der Nürnberger Handelsgerichtsbarkeit der Neuzeit vom Handelsvorstand zum Handelsappellationsgericht (S. 1-15), während A. Amend-Traut der Frage nachgeht, ob die kaufmännischen Gutachten Nürnberger Provenienz den Weg zu einer Normativität bahnten (S. 17-40). Die kaufmännischen Gutachten (Parere) in dem „Tractatus Novus vom Wechsel-Recht“ des Nürnberger Juristen Johann Adam Beck (1. Auflage, Nürnberg 1719) untersuchte Ch. Jeggle (S. 41-65), S. Breustedt (S. 67-82) die Rolle kaufmännischer Expertise vor Gericht anhand der „Affäre Oppenheimer“ in der jüdisch-christlichen Finanzwelt Frankfurts Anfang des 18. Jahrhunderts. Ebenfalls kontrastiv betrachtet H.-J. Becker mit dem von 1184 bis 1811 über 600 Jahre hinweg bestehenden, sich vielfach wandelnden Amt des sogenannten Hansgrafen ein bemerkenswertes Kapitel in der Historie der Regensburger Handelsgerichtsbarkeit (S. 83-121). Wirtschaftskriminalität steht dagegen im Fokus des Beitrages von St. Leberle (S. 123-146), genauer die entsprechende Gesetzgebung und Rechtsprechung in den Reichsstädten Augsburg, Nördlingen und Memmingen in der frühen Neuzeit. M. Schmoeckel schließlich ermittelt zur Rolle der Religion (#christlichen Ethik?) innerhalb des Fortschritts von einer Subsistenz- hin zu einer gewinnorientierten Wirtschaft (S. 147-170).
Erschlossenes Wissen zu Nürnbergs Wirtschaftsgeschichte: Register zur Personen- und Ortssuche.
Zuletzt waren die seit über 80 Jahren herausgegebenen „Nürnberger Forschungen“ übrigens 2008 erschienen – mit Band 31 und der Habilitationsschrift von Peter Fleischmann und dem bahnbrechenden Opus in drei Bänden zum Nürnberger Patriziat und Rat vom späten Mittelalter bis ins 18. Jahrhundert derzeit leider vergriffen („Rat und Patriziat in Nürnberg. Die Herrschaft der Ratsgeschlechter in der Reichsstadt Nürnberg vom 13. bis zum 18. Jahrhundert , Rezension dazu: hsozkult). Dass die Reihe nach so erheblicher Pause mit Band 32 überhaupt „wiederbelebt“ werden konnte, ist dem außergewöhnlichen Engagement der Beteiligten wohl ebenso zu verdanken wie den von der Stadt gewährten finanziellen Mitteln und einem Stadtarchiv, das sich beispielhaft als Dienstleister für die Forschung und Wissensvermittler für die Öffentlichkeit versteht. Lob aber auch für die bewährt perfekte redaktionelle Vorbereitung zur Drucklegung von W. Fischer-Pache und – eigentlich essentiell für JEDEN Aufsatzband -: das Personen- und Ortsregister!
Die Geleitworte des damaligen OB Maly enden übrigens mit Dank eigens auch an unsere Adresse (!), an die Verlagsdruckerei Schmidt, für die „trotz terminlicher Engpässe gewohnt zuverlässige Umsetzung auch dieser Publikation“ (S. VII). Geerdete Konstanz, professionelle Qualität (aus Tradition) und persönliche Kundenbetreuung zahlen sich – gerade bei der Herausgabe historischer Standards – in einer eher schnelllebigen und oberflächlichen Zeit eben doch aus.