Im Rahmen der Erforschung der Geschichte Erlangens und der FAU während der Weimarer Republik und des Dritten Reiches, die seit mehr als 40 Jahren (!) einer angemessenen wissenschaftlichen Bearbeitung harrte, kann nun ein wahrer Meilenstein vorgelegt werden! Wir sind auch deshalb stolz, weil bei uns gedruckte oder verlegte Literatur zur NS-Vergangenheit in Franken seit vielen Jahren einen festen Platz in unserem Programm einnimmt. Sehen sie die Titel HIER.

 

Nun aber zu Erlangen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus: Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen.

 

Stadtarchiv Erlangen (Hg.), Erlangen in der Weimarer Republik und im Nationalsozialismus, Die Friedrich-Alexander-Universität Erlangen 1918-1945, Teil 1 (= Forschungen und Quellen zur Erlanger Stadtgeschichte Band 1), Erlangen 2021, ISBN 978-3-944452-14-2.

Erlangen im Nationalsozialismus. Die FAU 1918-1945

 

Grußworte des OB Janik und des Universitätspräsidenten Hornegger eröffnen den mindestens  in zweierlei Hinsicht gewichtigen Band, dessen Vorwort Stadtarchivar Andreas Jakob gemeinsam mit Christina Link und Dorothea Rettig verfasst hat. Clemens Wachter als Universitätsarchivar (Mitherausgeber zusammen mit C. Koolman und G. Seiderer) führt eingangs ebenso fundiert wie ausführlich in das Thema FAU und Politik in diesen brisanten Jahren ein.

 

Fakultäten und Lehrstühle der Erlanger Universität in den Jahren 1918 – 1945.

 

Von den folgenden neun Beiträgen untersuchen sechs die Positionen der Fachbereiche im Einzelnen, ergänzt durch eine Auflistung der Amtszeiten von (Pro-) Rektoren, (Pro-) Kanzlern, Rechtsbeistände und Dekane im Anhang. Beginnend mit der evangelisch-theologischen Fakultät (H. Ch. Brenneke) und den Juristen (B. Mertens) werden im Anschluss die Mediziner behandelt, unter ihnen offenbar „reaktionäre Monarchisten, völkische Propagandisten und beinahe ein kleiner Hitler“ (Ph. Rauh). Den Zahnmedizinern Johannes Reinmöller und Edwin Hauberrisser, „Männer, die an den Wiederaufstieg Deutschlands glaubten“, ist ein eigener Aufsatz vorbehalten (S. Ude-Koeller). Speziell auf die medizinische Versorgung von Zwangsarbeitenden in Erlangen hingegen konzentriert sich das Interesse von M. Voggenreiter und S. Ude-Köhler unter dem vielsagenden Titel „… beste Auslese und absolut gesund und lebenshart.“ Angesichts der umfangreichen Bearbeitung der Geschichte des Universitätsklinikums und der Medizinischen Fakultät erst 2016 bzw. 2018 zeigen letztere drei Abhandlungen vor allem neue Aspekte.

Und natürlich wurde auch die Philosophische Fakultät entsprechend berücksichtigt (G. Seiderer) – Freunde des Zen-Buddismus sollten sich hier nicht den Abschnitt zu Eugen Herrigel entgehen lassen! -, ebenso wie im Anschluss daran der naturwissenschaftliche Fachbereich (C. Wachter).

Es folgt ein Beitrag von M. K. Braun zur Entwicklung der studentischen Selbstverwaltung hin zu einer „geistigen Wehrmacht“, während H. Hirschfelder abschließend die Funktion der Universitätsbibliothek als „Bergungsort“ des Codex Manesse 1939-42 unter dem Aspekt des Kulturgutschutzes im Zweiten Weltkrieg nachzeichnet.

 

Ausgezeichnet gelungen ist neben dem Abdruck des Stadtplanes von 1936 im Vorsatz zum Überblick über sämtliche relevanten Örtlichkeiten auch die reiche Bebilderung durch Archivmaterial, die das Blättern und Eintauchen in diese wissenschaftliche „Fundgrube“ (auch dank des Lesebändchens!) zu einem großen Vergnügen mit ebenso großem Wissenszuwachs machen.

 

Ausblick auf den zweiten Teilband: „Erste nationalsozialistische Hochschule des Reiches“, Mentalitäten der Studierenden und Lehrenden, die Rolle von Julius Streicher

 

Und noch ein kleiner Ausblick sei gestattet: Wie Vorwort und Inhaltsverzeichnis verraten, wird sich der demnächst erscheinende, von A. Jakob verfasste zweite Teilband mit der Erlanger Universität als geplanter „erster nationalsozialistischer Hochschule des Reiches“, den Mentalitäten von Studenten und Professoren sowie der Rolle von Julius Streicher beschäftigen. Man darf gespannt sein …