Ein Stück Niederlande im oberen Franken. Endlich konnte sich die Kunsthistorikerin Regina Hanemann nach über 22 Jahren Tätigkeit als Leiterin der städtischen Museen einer Herzensangelegenheit widmen, dem

 

Katalog der niederländischen Gemälde der Museen der Stadt Bamberg, bearbeitet von Stefan Bartilla und Thomas Fusenig unter Mitarbeit von Meike Leyde und Teresa Lohr, hg. von Regina Hanemann (= Schriften der Museen der Stadt Bamberg Nr. 54), Bamberg 2021, ISBN 978-3-9807730-8-9.

 

Niederländische Gemälde in den Museen in Bamberg

 

 

Die niederländischen Gemälde In den Museen der Stadt Bamberg.

Dieser Bestandskatalog war lange überfällig. Nun soll einer möglichst breiten Öffentlichkeit endlich gezeigt werden, was an wertvollen Schätzen sich in öffentlichem Besitz und „ihren“ Sammlungen befindet. Diese gilt es nämlich laut Hanemann (im Vorwort S. 7) nicht nur quasi im stillen Kämmerchen zu konservieren, zu erforschen und kunsthistorisch zu „verzetteln“, sondern sie den Bambergern auch neu vorzustellen, bekannt und vielleicht auch „schmackhaft“ zu machen – unter anderem im Rahmen dieser wunderbar bebilderten Publikation. Sie könnte (und das ist Zukunftsmusik!) auch ausgezeichnet als Basis für die angestrebte online-Präsentation der 1838 gegründeten und damit einer der ältesten bürgerlichen Sammlungen in Deutschland dienen.

 

178 niederländische Gemälde in Wort und Bild. Beschreibung, Provenienz und Rezeption.

Mit den alten „Niederländern“ kann nun endlich ein wertvoller Teil des gesamten Gemäldebestands neu präsentiert werden – darunter übrigens auch die Werke eigentlich flämischer Meister. 178 davon werden ebenso fach- und sachkundig wie ausführlich in Wort und Bild vorgestellt, kunsthistorisch eingeordnet und neu bewertet. Ihre Rezeptionsgeschichte bleibt dabei ebensowenig unberücksichtigt wie Provenienzbestimmungen, Bildgenese und Motivgeschichte – so dass der Forschung viele neue Wege bereitet werden. Unter den Malernamen sind die von Jacques de Backer und Willem van Bemmel, Jan de Bray oder Pieter Breughel d. J. ebenso wie die von Pieter Claesz., Jan Lievens, Joos de Momper II oder Gillis Mostaert. Es finden sich daneben aber beinahe ebenso viele zeitgenössische „fränkische“ oder „deutsche“ Niederländer bzw. Flamen – Maler wie N. Juvenel, die „Nürnberger Bemmel“, W. I. Brasch, A. Querfurt, Vater und Sohn Roos, J. v. Sandrart und viele mehr. Und auch den Werken der Bamberger Malerfamilie Treu, die sich auf Gemälde „im Stil der Niederländer“ spezialisiert hatten, und solchen von einer Vielzahl anonymer Nachahmer oder Kopisten etwa nach Breughel d. Ä., Rubens, Jordaens, Teniers, Ruysdael, Wouwerman oder Rembrandt (insbesondere Willy Fries) wird vorbildlich viel Raum gegeben. Schließlich ist das doch oft genug kunsthistorischer Alltag: gute Qualität, aber „kein Name“.

Unnötig zu erwähnen, dass der Leser bei seinem Streifzug durch die Bestände nicht allein gelassen wird. Sammlungsgeschichte und -forschung werden gleich eingangs von R. Hanemann selbst erläutert, Beiträge zur Bamberger Malerfamilie Treu (ebd.) oder dem fränkischen Maler Joseph Dorn und seiner Niederländer-Rezeption (T. Lohr) im Anschluss an den Katalogteil nachgereicht, genauso wie ein ausführliches Literaturverzeichnis oder eine Konkordanz zu Inventarnummern, Seitenzahlen und alten Katalognummer im Anhang.

Passend zur Jahreszeit übrigens sind neben vielen Hirten-, Jagd-, Schlachten-, Genre- oder biblisch-christlichen und antikischen Szenen, neben Stillleben, Interieurs, Porträts und einer großen Vielzahl von Landschaften aller Art mit oder ohne Staffage: die stimmungsvollen Winterlandschaften aus dem Umkreis von Joos de Momper II (vor 1635? S. 134), von Renier Megan (nach 1660? S. 126) oder von Johann Christoph von Bemmel (nach 1740, S. 21) – hier vielleicht sogar mit fränkischen Anklängen?