Nürnberger Geschäftsbriefe im Kontext der Industrialisierung
Elke Kollar, Aufbruch in die Moderne, Nürnberger Geschäftsbriefe im 19. Jahrhundert (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 74), hg. vom Stadtarchiv Nürnberg, Neustadt an der Aisch 2016.
Der Geschäftsbrief in Entwicklung und historischem Kontext
Dieser Band ermittelt erstmals im Rahmen eines interdisziplinären Ansatzes am Beispiel Nürnberger Geschäftsbriefe die Entwicklungen und Kontinuitäten dieser Textsorte in ihrem historischen Kontext. Ausgangspunkt der Studie ist eine textanalytische Untersuchung konkreter Briefe, die vor der Folie einer Kulturgeschichte des (Geschäfts-)Briefs sowie der wirtschaftlichen und normativen Rahmenbedingungen betrachtet werden. Leitend ist die These, dass in der historischen Entwicklung des Geschäftsbriefs das 19. Jahrhundert als maßgebliche Epoche anzusehen ist.
Schriftgut und Industrialisierung in Nürnberg
Mit fortschreitender Industrialisierung, einem Zuwachs an rauchenden Fabrikschloten und den damit verbundenen, gravierenden wirtschaftlichen Umbrüchen änderten sich auch Art und Menge der schriftlichen Kommunikation in einer Handelsstadt wie Nürnberg. Geschäftsbriefe gewannen in ihrer zunehmenden Spezifizierung und Standardisierung enorm an Bedeutung. Sie bieten sich heute gleichermaßen als historische Quellen wie auch eigene Textgattung zur Analyse an.
Bei vorliegendem Band handelt es sich um die Veröffentlichung einer im Fach Europäische Ethnologie an der Fakultät für Geistes- und Kulturwissenschaften eingereichten Dissertation an der Otto-Friedrich-Universität Bamberg, die in die Reihe der „Nürnberger Werkstücke“ aufgenommen wurde.
Entstanden ist auf beinahe 700 Seiten, davon alleine zehn Seiten Inhalts- und über 40 Seiten Literaturverzeichnis im Anhang, eine Art Kulturgeschichte des Geschäftsbriefes im 19. Jahrhundert, in der nicht nur die Freunde der Nürnberger Geschichte mit Interesse stöbern werden. Ein Firmen-, Personen-, Autoren- sowie ein fast 60-seitiges Quellenverzeichnis zu Briefen und Briefstellern erleichtern trotz des fehlenden Sachregisters den Zugang zu dieser voluminösen Studie – am Ende auf knapp sechs Seiten zusammengefasst – enorm.
Wenn man nun die wechselseitigen Wirkungen von sachlichem Inhalt der Briefe, ihrer Funktion im wirtschaftlichen Bezugsfeld und ihrer Ästhetik anhand des vorliegenden Werkes betrachtet, stellt sich die Frage in die Zukunft hinein: Wie wird ein Historiker einmal über die enormen Veränderungen durch die Digitalisierung urteilen?