Beschreibung
einst und jetzt
Die Reichsstadt Nürnberg und ihr Umland waren einst reich an Herrnsitzen, Vesten und Schlösschen, die aus dem Mittelalter und der Neuzeit stammten. Allein im heutigen Stadtgebiet sind 76 dieser herrschaftlichen Anwesen entstanden, von denen allerdings nur noch etwa die Hälfte vorhanden ist. Zahlreiche weitere Bauten existierten auf dem reichsstädtischen Territorium des Umlands. Errichtet wurden sie zunächst von den Reichsministerialen, später von Nürnberger Bürgern. Die Reichsstadt nutzte die Ansitze in Kriegszeiten als Verteidigungssystem, das heißt, sie durften mit Truppen belegt werden. Bei den frühen Bauten handelte es sich um so genannte Weiherhäuser, die über einen steinernen Sockel mit darüber vorkragenden Obergeschossen aus Fachwerk verfügten. Nach den großen Zerstörungen im Zweiten Markgrafenkrieg 1552–1554 erhielten etliche der Herrensitze die für Nürnberg typische Form eines massiven, hoch aufragenden Quaderbaus mit vier Erkertürmchen an den Gebäudeecken; ein Mauerwall mit Graben umschloss die gesamte Anlage. Im 17. und 18. Jahrhundert wurden manche der Anwesen zu repräsentativen kleinen Barockanlagen umgebaut.
Der Kalender kontrastiert historische Schwarz-Weiß-Aufnahmen aus der Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg mit Farbansichten des Fotokünstlers Herbert Liedel (1949–2015), die vor wenigen Jahren entstanden sind. Für die historischen Aufnahmen wurde auf verschiedene Bestände im Stadtarchiv Nürnberg zurückgegriffen: Eine stammt aus den Sammlungen des Hochbauamts. Die dort beschäftigten Fotografen dokumentierten mit der Kamera neben den kommunalen Bauvorhaben auch die historische Bau- und Denkmalsubstanz in der Stadt. Zwei Abbildungen sind auf den Nürnberger Amateurfotografen Max Herrmann (1878–1960) zurückzuführen, und zwei weitere Motive sind dem Bestand an Originalabzügen der Staatlichen Bildstelle Berlin entnommen, die Mitte der 1930er Jahre in einer groß angelegten Fotokampagne die baulichen Zeugnisse der alten Reichsstadt festhielt.
Herbert Liedel hat mit seinen digitalen Aufnahmen die Stadt mit seinem ganz eigenen Blick eingefangen. Auffällig ist bei den Ansichten der Herrensitze, dass er nicht allein ihre besondere Architektur erfasst, sondern den sie umgebenden Naturraum mit abgelichtet hat. Lichtverhältnisse und jahreszeitliche Stimmungen sind Teil seiner ausgefeilten Bildkompositionen, die eine ganz besondere Atmosphäre besitzen. Den Bildern ist anzusehen, wieviel Zeit sich der Fotograf für seine Motive genommen hat. Mit ungewöhnlichen Projekten, wie der fotografischen Dokumentation der fränkischen Synagogen mit Helmut Dollhopf, oder der gemeinsamen Reise mit seiner Frau, der Grafik-Designerin Hannelore Liedel, auf Dürers Spuren nach Italien, bei der er die topografischen Darstellungen des Renaissancekünstlers aus dem gleichen Blickwinkel nachfotografiert hat, bewies er seine Geschichtsverbundenheit. Die für den Kalender ausgewählten Fotografien sind – wie sein gesamtes Werk – Ausdruck einer tiefen Verbundenheit und Liebe zu seiner fränkischen Heimat. Mit dem weiter auszubauenden Bestand „A 104 – Fotografien Herbert Liedel“ möchte das Stadtarchiv an den großen Nürnberg-Fotografen erinnern, mit dessen Aufnahmen die Stadt und ihre Umgebung im ausgehenden 20. und frühen 21. Jahrhundert für die Nachwelt lebendig bleiben.
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