Wolf-Martin Hergert, Stadtarchiv Nürnberg (Hrsg.): Das Höhere Nürnberger Schulwesen im Nationalsozialismus. „Der schlechteste Weg der Erziehung geht über den Verstand“ (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 80)
Bereits seit Jahrzehnten bringt das Stadtarchiv Nürnberg in Zusammenarbeit mit dem Verlag PH.C.W. SCHMIDT die sogenannte „Rote Reihe“ (so bezeichnet wegen ihrer charakteristischen roten Bucheinbände) heraus, um jungen Forscherinnen und Forschern die Möglichkeit zu geben, ihre Doktorarbeiten in dieser Schriftenreihe zu veröffentlichen.Forschungsgegenstand der als Band 80 der Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte erschienenen Dissertation von Wolf-Martin Hergert ist die Bildungslandschaft in Nürnberg zur Zeit des NS-Regimes.
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Nürnberg als Bühne für die Formulierung nationalsozialistischer Erziehungsziele
Nürnbergs Sonderrolle als Ort der Propaganda im Nationalsozialismus steht bereits seit längerer Zeit im Fokus der Forschung, war es doch als Veranstaltungsort der Reichsparteitage alljährlich Plattform für die Verbreitung der NS-Ideologie und der Vorstellung von einem totalitären Staat, in dem die Indoktrination sich auch durch alle Bereiche des Erziehungswesens hindurchziehen sollte. Auch Julius Streicher, der sich bei der Publikation seiner menschenverachtenden und antisemitischen Tiraden, selbst als „Lehrer des Volkes“ betrachtete, war ebenfalls von Nürnberg aus täti
Ideologische Theorie und erzieherische Praxis im Nürnberger Schulwesen
Die Studie von Wolf-Martin Hergert untersucht, wie sich die Ziele des nationalsozialistischen Parteiprogramms auf die Arbeit der weiterführenden Bildungseinrichtungen in Nürnberg auswirkten und ob die Praxis dem theoretischen Anspruch der NS-Regierung genügte. Hierbei wird auch die Frage gestellt, ob der Begriff „Pädagogik“ für die nationalsozialistischen Vorstellungen von Bildung und Erziehung im totalitären System überhaupt gerechtfertigt ist. Nicht nur die Schulen unterschiedlicher Trägerschaft werden dabei in den Blick genommen, sondern erstmals auch die konkurrierenden NS-Jugendorganisationen, die Lehrerverbände sowie der schon vor 1933 etablierte „Volksbund für das Deutschtum im Ausland“.
Ein wichtiger Beitrag zur Quellenforschung
Die Arbeit betrachtet sowohl die Aktivitäten einzelner Individuen aus Partei, Politik und Verwaltung sowie die hierbei entstehenden Wechselwirkungen. Ausführlich studiert wird das – zum größten Teil bislang unveröffentlichte – Quellenmaterial zu Bildungsplänen und Unterrichtseinheiten und -inhalten, wobei besonders der Umgang mit Personen, die aus politischen oder rassistischen Gründen verfolgt wurden, von Interesse ist, sowohl bei den Beschäftigten als auch bei Schülern und Schülerinnen. Die Monographie ist nicht nur an die Fachwissenschaft, sondern auch interessierte Laien gerichtet, und will dazu anregen, sich mit dem Schulwesen auch im Kontext anderer Diktaturen und totalitärer Regierungen neu zu befassen.
Das Höhere Nürnberger Schulwesen im Nationalsozialismus. „Der schlechteste Weg der Erziehung geht über den Verstand“ (= Nürnberger Werkstücke zur Stadt- und Landesgeschichte 80) von Wolf-Martin Hergert, herausgegeben vom Stadtarchiv Nürnberg, ist mit der ISBN 978- 3-87707-296-7 im Verlag PH.C.W. SCHMIDT erschienen, der Ladenpreis beträgt 55,00 €.