Seelenheil und Spektakel. Jüdische Konversionen im zentraleuropäischen Raum bis 1848, herausgegeben von Helmut Teufel, Pavel Kocman und Milan Repa

 

Dieser Sammelband enthält Beiträge einer Konferenz, die vom 15. bis zum 17. Oktober 2019 in Brünn (Brno) stattfand. Historikerinnen und Historiker beschäftigten sich dort mit einem Thema, das für die betrachteten Regionen Österreichs, Deutschlands und Tschechiens bislang noch vergleichsweise wenig erforscht wurde. Dabei ist das Phänomen der freiwilligen oder erzwungenen Konversion jüdischer Personen zum Christentum im Mittelalter und der Frühen Neuzeit ein wichtiger Teil der schwierigen Geschichte des Verhältnisses von Christentum zu Judentum und umgekehrt. In insgesamt dreizehn Beiträgen werden unterschiedliche Perspektiven auf das Thema vorgestellt und Entwicklungen sowie Einzelschicksale aus verschiedenen Jahrhunderten betrachtet.

 

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Von Zwangstaufen und verbotener Liebe

Nach dem vorbereitenden Beitrag von Christoph Cluse zum gegenwärtigen Stand der historiographischen Forschung mit einer Übersicht über vier einander ergänzende Perspektiven auf die Konversion folgt die Gliederung des Sammelbandes der Chronologie der jeweils untersuchten Zeiträume. Den Anfang macht Eva Doležalová mit einem Beitrag zu Konversionen, insbesondere Zwangstaufen in Böhmen und Mähren, von der Zeit des Ersten Kreuzzuges bis zum Jahr 1389. Eveline Brugger und Martha Keil befassen sich mit der Situation in Österreich im 14. Jahrhundert sowie mit der Aufnahme von Konvertiten und ihren Aufstiegsmöglichkeiten in der christlichen Gesellschaft im Wien des frühen 15. Jahrhunderts. Dass dieser Übergang auch mit Problemen verbunden sein konnte, zeigt auch der Beitrag von Ivana Ebelová, die sich mit Quellenmaterial aus Prag auseinandersetzt, das Fälle aus dem Königreich Böhmen beschreibt. Ebenfalls einen Blick auf Prag wirft Alexandr Putik, er zeigt auf, wie im 17. und 18. Jahrhundert auch Bewegungen innerhalb des Judentums, wie etwa der Sabbathianisus, einen Glaubenswechsel mancher Individuen zur Folge haben konnten. Martin Štindl betrachtet damals verbotene sexuelle Beziehungen zwischen jüdischen Männern und christlichen Frauen, die dort zu gerichtlichen Auseinandersetzunge vor den kgl. Tribunal in Brúnn führten.

 

Das Leben nach dem Glaubenswechsel – Von Erfolgen und Problemen

Anhand von Einzelfällen untersucht Pavel Kocman das Phänomen von Judentaufen, die als Teil christlicher Feierlichkeiten in Böhmen und Mähren abgehalten wurden. Interessant ist  auch das von Simon Karstens vorgestellten Einzelschicksal des Lipman Perlin, der Alois von Sonnenfels in Wien getauft und nach seiner Konversion später in den Adelsstand erhoben wurde. Nach Oberfranken, genauer, ins Erzsitft Bamberg, blicken die drei Beiträge von Michaela Schmölz-Häberlein, Christian Porzelt und Helena Kappes. Hier erfährt man etwa von Maria Anna Rosenbergerin, die nach ihrer Konversion sogar Äbtissin wurde, von einer wenig erfolgreichen Ehe zweier Konvertiten oder vom Fall einer Rekonversion, bei der ein getaufter Jude sich schließlich wieder seinem alten Glauben zuwandte und dafür vor Gericht kam. Marie Krappmanns Beitrag dazu, wie Konvertiten die jiddische Sprache gebrauchten und wahrnahmen, beschließt diesen insgesamt sehr interessanten und informativen Sammelband.

 

Helmut Teufel, Pavel Kocman, Milan Repa: Seelenheil und Spektakel. Jüdische Konversionen im zentraleuropäischen Raum bis 1848, erschienen im Verlag PH.C.W. SCHMIDT aus Neustadt an der Aisch, ISBN 978-3-87707-322-3, Ladenpreis 29,90 €.